Wer „Zahnpflege im Mittelalter“ hört, dem kommen unschöne Bilder in den Sinn. Beim Blick in alte Schriften dann die Überraschung: Zahnpulver, Mundspülung und Ölziehen.
Zähneputzen anno dazumal
Im Mittelalter hatte es manche gegeben, die Zahnpflege locker nahmen, mit gravierenden Folgen: Weil es keine Zahnsanierung oder Zahnersatz gab, mussten sie zahnlos herumlaufen. In den Büchern der TEM, etwa der Chirurgia magna des Guy de Chauliac (1300–1368), stand freilich schwarz auf weiß, was gegen Zahnbelag, Karies und Parodontose zu tun war: Zahnstocher und Zahnbürste, die man damals selber herstellte, indem man einen kleinen Ast am Ende durch Kauen so auseinanderspliss, bis sich ein kleines Bürstenköpfchen bildete; sodann Zahnpulver oder -pasta, Mundspülung und Ölziehen. Ein Medizinprofessor von Montpellier, Bernhard von Gordon (1260–1308), warnte hingegen vor dem Gegenteil, dem übermäßigen Zähneputzen mit groben Zahnpulvern, die den Zahnschmelz verletzten oder das Zahnfleisch irritierten, ein Ratschlag, der übrigens bis heute beherzigenswert ist: Selbstgemixte Zahnpulver mit Heilerde oder Salz sind, wenn zu grobe Rohstoffe verwendet werden und nicht fein genug gemörsert werden, keine gute Idee.
Rezepte der TEM-ÄrztInnen
In Sachen konkreter Zahnpflege wird man bei TEM-Ärztinnen fündig: Hildegard von Bingen (1098–1179) rät zu Mundspülungen aus Kräutern auf Wasserbasis und propagiert eine Zahnpasta aus Weinrebenasche, diversen Kräuterpulvern, Gewürzen und Wein. Die im 13. Jahrhundert in Salerno praktizierende Ärztin Trota empfiehlt eine Mundspülung auf Weinbasis mit Fenchel und Lorbeer, plus Zahnpulver aus feinster Schlämmkreide, Kräuterpulvern und Gewürzen. Der englische Arzt Gilbertus Anglicus (1180–1250) hat die wohl luxuriösesten und teuersten Rezepte geschaffen: Mundspülung auf Weinbasis mit Minze, Zimt, Lavendelpulver und Kubebenpfeffer; eine Zahnpasta mit Nelke, Muskat, Zimt, Sandelholz, Kardamom und Minzsaft. Diese mittelalterlichen Rezepte werden, zumindest in ihrer Grundlogik, in der Nachhaltigkeits-, Bio-Kosmetik- und Do-it-Yourself-Szene wiederentdeckt: Sie sind verpackungs- und plastikfrei, nachhaltig und günstig sowie transparent in ihrer Zusammensetzung aus Putzkörper (Schlämmkreide, Natron) und Aromata (Gewürze, Pflanzenpulver). Heute kommt oft Xylit zum Einsatz, Birkenzucker, der im Mittelalter unbekannt war.
Tipp 1: TEM-Zahnpulver
Wer sich ein TEM-Zahnpulver herstellen möchte, der kann folgende Zutaten mischen:
- 3 EL Schlämmkreide (Calciumcarbonat)
- 1 EL Natron
- 1 EL Xylit
- 1 EL feingemörsertes Kräuterpulver, etwa Salbei und/oder Rose (zusätzlich oder als Ersatz sind auch einige Tropfen ätherisches Öl möglich).
Tipp 2: Ölziehen
Ein anderer Mundhygiene-Tipp aus dem Mittelalter ist mittlerweile durch Studien (die letzte von 2017) abgesichert: Ein Schluck Öl für ca. 10 Minuten lang im Mund bewegt und dann ausgespuckt kann nachweislich die Plaque-Bildung reduzieren – eine echte Alternative zu chlorhexidinhaltige Mundspülungen.